Forum Kultur e.V.

50 Jahre Forum Kultur

Ein Portrait von Christoph Hussong

1973 - ein kulturell ereignisreiches Jahr. Pink Floyd veröffentlichte das Album "The Dark Side of the Moon", die Sendungen "Sesamstraße" und "Rappelkiste" revolutionierten das Kinderprogramm des deutschen Fernsehens. In Sydney wurde die Hard-Rock-Band AC/DC gegründet, in London feierte die Rocky Horror Picture Show Premiere und in Heppenheim hoben am 30. Januar auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Wilhelm Metzendorf 27 Gründungsmitglieder einen zunächst noch "Kulturkreis Heppenheim" genannten Verein aus der Taufe. Die damit verbundene Entscheidung, einen bedeutenden Anteil am kulturellen Leben Heppenheims nicht in städtische Hände zu geben, sondern der Initiative eines Vereins zu überlassen, wurde über fünf Jahrzehnte zu einem Garanten für eine politisch unabhängige Kulturarbeit.

In 48 Jahren lenkten sechs Vorsitzende die Geschicke des Vereins. Eine Zahl, die Stabilität und Kontinuität widerspiegelt und deutlich macht, dass sich in den eigenen Reihen immer wieder Menschen fanden, die bereit waren, Verantwortung zu übernehmen und das begonnene Werk fortzuführen, einerseits wertvolle Errungenschaften bewahrend, andererseits neue, eigene Impulse setzend. Mögen Dr. Wilhelm Lehfeldt, Klaus F. Schmidt-Mâcon, Ethy Schäfer-Syben, Horst Roland, Henner Kaiser und Martin Fraune unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Vorstellungen gewesen sein, so dienten sie doch einem gemeinsamen Ziel, das Klaus F. Schmidt-Mâcon im Jahr 1978 so formulierte: "Wir werden Heppenheim zu einem lebendigen kulturellen Zentrum im südhessischen Raum machen". Mit kurzen, prägnanten Worten beschrieb er damals einen dynamischen Prozess, der den Verein bis heute in seiner inneren Struktur wie in seiner Außenwirkung prägt. "Lebendig" und "machen", zwei entscheidende Worte, die ein erfolgreiches Kulturschaffen treffend charakterisieren und im 1991 auf Initiative der damaligen 2. Vorsitzenden Winifred Hörst neu gewählten Namen "Forum Kultur" als einem Markt kreativer Möglichkeiten ihren Ausdruck finden.

Ohne die Verdienste seiner VorgängerInnen schmälern zu wollen, sei an dieser Stelle Henner Kaiser genannt, der über Dekaden, die man getrost als "Ära Kaiser" bezeichnen darf, das kulturelle Leben unserer Stadt prägte und Forum Kultur zu einem Verein machte, dessen Schaffen über die Region hinaus Beachtung und Anerkennung erfuhr. Niederlagen und Erfolge spornten ihn gleichermaßen an, nie ließ er sich seine Visionen von einer blühenden Heppenheimer Kulturlandschaft nehmen. Er hinterließ ein Vermächtnis, das sich zum einen durch geebnete Wege, zum anderen durch große Fußstapfen auszeichnete. Eine Herausforderung, die Martin Fraune 2011 annahm und so den Fortbestand des Vereins bis in die jüngste Vergangenheit sicherte.

War ein steter Wandel des Programmangebots sowohl dem Zeitgeist als auch äußeren Umständen geschuldet, blieb Forum Kultur dennoch in fünf Jahrzehnten seinen ursprünglich gewählten Schwerpunkten treu. Selbst das Theater, das als klassisches Tourneetheater Ende der neunziger Jahre vom Spielplan verschwunden war, lebt heute im Kindertheater fort. Durch ein sorgsam kuratiertes Programm und eine bewusst familienfreundliche Preisgestaltung gelingt es mehr denn je, über die Region hinaus Kinder wie Eltern zu begeistern und so junges Publikum auf das Engagement des Vereins aufmerksam zu machen.

Lesungen, Kammerkonzerte und Kleinkunst standen von Anfang an für ein breites kulturelles Spektrum. Dennoch zeigt sich auch hier, dass Forum Kultur im Laufe der Jahre sein Programmportfolio kontinuierlich weiterentwickelte. Aus anfänglichen Autorenabenden wurden schließlich die Lesungen der Literaturreihe, seit jeher interessante Begegnungen mit namhaften AutorInnen. Hatte die Kammerkonzertreihe schon 1992/93 mit innovativen Gesprächskonzerten einen neuen Kurs eingeschlagen, schafft sie heute den schwierigen Spagat zwischen Tradition und Moderne und beweist damit, dass Laute und E-Gitarre einander nicht ausschließen. Schon immer den ihr sich bietenden Spielraum nutzend, war die Kleinkunst neuen Akzenten bis hin zu Ausflügen ins Experimentelle selten abgeneigt. Seit 2017 sorgt sie in der Reihe KunstStück! unter dem Motto "Starke Töne - klare Worte" für musikalische und kabarettistische Unterhaltung auf hohem Niveau.

Schon in den Neunzigern gab es erste Jazzkonzerte, jedoch gründete sich der Jazz auf Initiative Henner Kaisers erst 2011 als bislang jüngste Sparte, die ihr Programmangebot seither am breiten Spektrum des Modern Jazz orientiert. Während die Reihe "Jazz is flowering" regelmäßig international renommierte KünstlerInnen präsentiert, bietet die Reihe "Jazz im Marstall" vor allem jungen, aufstrebenden MusikerInnen die Möglichkeit, in die weit gefächerte und sich immer wieder erneuernde Welt des Jazz vorzustoßen. Aus Sonderveranstaltungen, die aus dem Rahmen der etablierten Reihen fallen, entwickelten sich ab 2016 die Specials als reizvolle Ergänzung des Programms, teils Gemeinschaftsproduktionen zweier oder mehrerer Sparten, teils Kooperationen mit anderen Veranstaltern, und immer wieder willkommene Gelegenheiten, ausgetretene Pfade zu verlassen und sich auf neues, unbekanntes Terrain zu wagen.

Abwechslungsreich wie die Geschichte des Programmangebots und eng mit diesem verknüpft liest sich die Historie der Spielstätten. Als "König ohne Land" nutzte Forum Kultur von Anfang an die Chance, für seine Veranstaltungen die jeweils passendste Spielstätte auszuwählen. Dies ging jedoch stets mit der Abhängigkeit von Betreibern und dem Risiko einher, trotz aller Bemühungen keine geeignete Bühne zu finden. So sorgte die Spielstättensituation über die Jahre für zahlreiche Höhen und Tiefen, waren hoffnungsvolle Anfänge gefolgt von unerwarteten Schwierigkeiten bis hin zum Verlust vielversprechender Spielstätten. Als verlässliche Partner zeigten sich die Stadt Heppenheim und die Sparkasse Starkenburg, die mit dem Kurfürstensaal, dem Marstall und der Alten Sparkasse als langfristige Spielstätten für eine dringend erforderliche Planungssicherheit sorgten. Mehr denn je vermisst Forum Kultur jedoch in Heppenheim eine Bühne, die einem großem Publikum ausreichend Platz bietet.

Kaum etwas hat den Verein so sehr in seiner Existenz bedroht wie die zurückliegenden Jahre der Corona-Pandemie, die Kunst und Kultur in arge Bedrängnis brachten und dabei deutlich machten, wie grundlegend diese für das menschliche Zusammenleben sind. Gemeinsam gelang es Vorstand, Mitgliedern und einem treuen Publikum, die Situation zu meistern, so dass sich nun nach einer Zeit vieler kurzfristig zu treffender Entscheidungen der Blick auf die sechste Dekade weitet. Diese wartet auf uns mit Aufgabenstellungen wie dem Werben um ein - angesichts zahlreicher Alternativangebote - nicht immer leicht zu begeisterndes jüngeres Publikum und der fortwährenden Herausforderung, mit einem an den Erfordernissen der Zeit orientierten Programm Menschen einen Ort der Begegnung, des Austauschs und der Inspiration zu bieten.

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